Blogbeitrag25 JAHRE INTERNET

25 JAHRE INTERNET

Über Clouds, DAUs und „La Boum – die Fete“

  • Im Oktober feierte das Internet 25. Geburtstag! Irgendwie ist das total untergegangen bei den ganzen Corona Nachrichten und US-Wahlen im Moment. Oder es scheint schon so selbstverständlich? Dabei hat das Internet unser Leben maßgeblich verändert, sich in 91% der deutschen Haushalte geschlichen. Ich als Kind der 80er – Generation Y, der Zeit des „Emergence of Internet“ – erinnere mich als Werberin noch genau an die Updates zu den Nutzungszahlen, als Deutschland die europäische Spitzenposition einnahm. Als Auszubildende saß ich noch tagelang an der Konfektionierung von aufwendigen Postwurfsendungen. Heute gehen wir einfach davon aus, dass wir so quasi jeden über digitale Kanäle mit Content, Daten und Bits erreichen. Hashtags, Stories und Online-Shopping sind Routine. Wir hinterfragen so gut wie keine Ladezeiten oder Up- und Downloadgrößen. Das muss einfach funktionieren – sonst funktioniert unser Leben nicht mehr. Oder?
  • Doch wie war das damals, so ganz ohne Internet. Ein Rückblick:

    Ich versuche zurückzudenken – ich habe auf jeden Fall stundenlange Telefonate mit meinen Freundinnen geführt – die ich ja sowieso gerade in der Schule gesehen hatte. Das Telefon (später schon ohne Drehscheibe) mit extra langem Kabel, das bis in den Flur reichte, damit meine Eltern nicht mithören konnten (eine Szene aus „La Boum – die Fete“ hat mich hierbei maßgeblich geprägt). Sehnsüchtig wartete ich auf eine Nachricht meiner Brieffreundin aus Berlin-Wedding (ich habe ja damals noch in Rostock gewohnt), die ich im Familienurlaub in der Türkei kennengelernt hatte. Bis heute schreibe ich Postkarten – ist doch irgendwie schön, mal was anderes als Rechnungen aus dem Briefkasten zu fischen.

    Musik – oder besser Hörspiele und Märchen – habe ich als Kind noch über einen Plattenspieler gehört. Nach der Wende dann mit meinem schicken roten Sony-Walkman oder eben übers Radio. Ich kann mich auch noch gut an ein Bild erinnern, als mein Bruder zusammen mit einem Kumpel von Kassettenrekorder zu Kassettenrekorder den neuesten Sound von Depeche Mode überspielt hat. Es musste in der ganzen Wohnung mucksmäuschenstill sein. Echt blöd, dass ich genau in diesem Moment zur Tür reinkam! Meine erste CD, „Always“ von Brian Adams, habe ich mit 14 von meinem ersten Freund bekommen. Das werde ich nie vergessen. Ich erinnere mich jedenfalls nicht an meinen ersten Song bei iTunes oder später bei Spotify.

    Fotos gab es nur, nachdem man den Negativ-Film eigenhändig zum Entwickeln gebracht hat. Ich habe mich auch, kreativ wie ich bin, mit der alten Praktica (DDR-Spiegelreflex-Kamera) meines Vaters versucht, um dann bei der Abholung der Bilder festzustellen, dass die Fotos wieder echter Mist geworden sind. Es ist schon verrückt, dass ich heute fast 10.000 Fotos in meiner Cloud habe. ZEHNTAUSEND! Wie soll ich mir die jemals angucken?

    Aber zurück zum Internet: Meinen ersten Kontakt hatte ich 1999 im Computerraum der Uni Rostock – ich erinnere mich an diverse Chat-Rooms, die ich zu allen möglichen Themen durchforstet habe. Yahoo war damals die Suchmaschine der Suchmaschinen. Ich habe sogar eine Programmiersprache gelernt – oder besser lernen sollen. „Anton und Paula“ – die selbst entwickelte Programmiersprache meines damaligen IT-Dozenten war sicher mit ein Grund, warum ich mein BWL-Studium aufgeben musste und mich zu neuen Zielen aufmachte: Eine Ausbildung in einer Werbeagentur sollte es sein – hatte ich über das Internet gefunden – ich meine tatsächlich über das Jobportal des Arbeitsamtes. Wow! Zu dieser Zeit, Anfang 2001, hatte das Modem bereits in Mamas Arbeitszimmer Einzug gefunden. Mit einem 56k-Modem surfte ich mich in aller Ruhe durchs Web – schnell war ja nicht. Gleichzeitig telefonieren – Fehlanzeige! Stundenlange Telefonate – nicht mehr en vogue. ICQ, das WhatsApp der Jahrtausendwende, übernahm die Kommunikation. ROFL und LOL traten in unser Leben.

    Angekommen in Köln – Agentur – Geil (#dankefürgeile7jahreantwerpesag – ist nicht zu lang oder?). Hier war die Digitalisierung bereits voll angekommen: Druckdaten wurden zwar noch per Overnight-Kurier verschickt und Backups auf CD-ROM gesichert. Dennoch, in jede technische Innovation wurde investiert, digitale Produkte und Services neu entwickelt, ein Riesen-Team an Programmierern machte das möglich, was man sich in seinem Kopf so zusammenspann. Und nicht allzu selten hatte ich den DAU – den Award für den dümmsten anzunehmenden User – bei mir auf dem Schreibtisch stehen, wenn ich mal wieder bei meinem guten Freund aus dem Support anrief und die Lösung nichts weiter war, als den Rechner neu zu starten. Es war die Zeit, als wir auf kastigen bunten I-MACs gearbeitet haben und mit einem K2 Kickboard durch die große Welt der Agentur gefahren sind.
  • Wie online sind wir heute denn überhaupt?

    Wie online sind wir heute denn überhaupt?
    Spätestens seit der Erfindung des Smartphones hat das Internet auch in fast allen privaten Bereichen des täglichen Lebens Einzug gefunden. Ich lasse mich von meinem Handy wecken und lese auf selbigem die News. Ich telefoniere mit meinen Eltern fast ausschließlich über Face Time, damit sie am Leben meines kleinen Fluppi teilhaben können. Das analoge Telefon habe ich aber noch als Dekoelement zu Hause stehen. Unzählige Fotos und Videos konnte ich seit der Geburt des Kleinen mit meiner Familie teilen. Meiner alten Kochbücher habe ich mich tatsächlich erst vor kurzem entledigt – online geht`s doch viel schneller und Staubfänger braucht ja auch kein Mensch. Ohne TV-Streaming-Dienste könnte man sicherlich weniger gut bei den häufigen Top-Serien-Gesprächen mitreden. Und ich verlasse mich wirklich zu 100% auf Google, wenn es um den schnellsten Weg egal wohin geht. Ich verbringe einiges an Zeit (viel zu viel) mit der Online-Recherche von allem Möglichen, um dann doch lieber ganz nachhaltig, im Laden um die Ecke zu kaufen – zumindest den Großteil. Ok, meinen Mann habe ich – sehr langweilig – im Job kennengelernt. Aber auch hierbei ist das Internet mittlerweile das Pflänzchen für die schnelle, aber auch unendliche Liebe.

    In der ideenmanufaktur hat sich mit Ausbruch der Pandemie „Mobiles Arbeiten“ mit „Teams“ mittlerweile so etabliert – manchmal vergisst man, dass man auch mal das „normale“ Telefon nutzen könnte. Da fällt mir ein: Versendet eigentlich überhaupt noch wer so richtige Bewerbungsmappen?

    Ich könnte hier noch endlos weiterschreiben, mir würden noch so viele Dinge einfallen: Smart-Watch, Wireless Kopfhörer; …
  • Wie sieht das die Generation Z (Digital Natives)?

    Hin- und hergerissen zwischen „was alles geht und gehen muss“ und meinen schönen Erinnerungen an die Zeit vor dem Internet, hat es mich doch sehr interessiert, was eigentlich Menschen dazu sagen, die das „Vorher“ gar nicht kennen. Mit Maske und allem PiPaPo habe ich Celine befragt – 1997 geboren und unsere Praktikantin.

    Das Erste, was sie mir erzählt: Sie hat auch draußen gespielt und bei Freunden an der Haustür geklingelt, um sie zu besuchen. (Puh, dass beruhigt mich doch sehr!) Celine war eigentlich das erste Mal in der Schule mit dem Internet konfrontiert, um es für die Recherche zu nutzen. Ihr erstes Handy hatte sie in der 4. oder 5. Klasse – noch eins ohne „Smart“ und „Touch“. Als das dann kam, waren YouTube-Videos der Renner. Und Influencer, wie BibisBeautyPalace, Dagi Bee, Shirin David, DieLochis, Simon Desue „kennt ja wohl jeder!“ (Naja, von der Bibi habe ich wohl schon mal gehört).

    Für die tägliche Kommunikation nutzt sie WhatsApp, Snap Chat und Instagram – UND sie telefoniert auch ganz oft. Ich dachte, in diesem Alter würden sich alle nur noch Sprachnachrichten schicken, ehrlich gesagt. Aber schön, vom Gegenteil überzeugt zu werden. Generell finde ich es gut, wie Celine doch sehr reflektiert mit dem Thema Internet umgeht.

    Es würde schon „abhängig“ machen – morgens ist das Handy das Erste, wonach man greift und abends das letzte in der Hand. Man surft aus Langeweile, nebenbei – eigentlich immer. (Yes, genau wie bei mir – wenn ich mir in meiner Statistik den Tagesdurchschnitt ansehe, den ich so an meinem Handy verbringe!) Celine erzählt von ihrem Papa, dessen Handy letztens kaputt war und der es für absolut machbar hält, 3 Tage ohne klarzukommen. Das wäre für Sie auf jeden Fall „unvorstellbar“!  

    Wir reden über die Gefahren im Internet – Mobbing durch Neid oder Langeweile – alles wunderbar anonym. Ich persönlich kann mir das gar nicht vorstellen. Aber was macht sowas mit unserer Jugend? Ich mache mir Gedanken. Wie wird das bei meinem Fluppi sein? Weg von „Lean-Back“ – angekommen im „Video-on-demand“ kann er „Die Sendung mit der Maus“ schon jetzt gucken, wann er will. Passend dazu startet „Netflix Direct“ nun mit einem neuen linearen Programm. Alles auf Anfang?

    „Wenn ich später Kinder habe, wird meinem Kind nicht direkt das Handy vor die Nase gesetzt, damit es ruhig ist.“ sagt Celine weiter. (Wie gesagt, sehr reflektiert!)
  • Was hat das Ganze mit der ideenmanufaktur zu tun?

    Dazu Jana, Geschäftsführerin der ideenmanufaktur. Sie hat die Agentur zusammen mit ihrem Bruder Martin gegründet.

    „Wenn wir uns die letzten fast 20 Jahre seit dem Bestehen der ideenmanufaktur anschauen, bedeutet Digitalisierung permanente Veränderung und eine enorme Verbreiterung und Verlagerung unserer Geschäftsfelder. 2001 und in den Anfangsjahren, lag der Anteil der digitalen Projekte im einstelligen Prozentbereich. Es waren im Wesentlichen digitale Fotos, die wir verwendeten, erste kleine Webseiten (siehe Bild) oder digitalisierte Sprachaufzeichnungen von Zeitzeugen, die wir damals ganz pionierhaft für eine Ausstellung im Anne Frank Zentrum auf die erste iPod-Generation spielten, damit die Gäste sie mit Kopfhörern anhören konnten (siehe Bild). 
  • 25 JAHRE INTERNET: Bild 6
  • 25 JAHRE INTERNET: Bild 7
  • Heute konzipieren und erstellen wir Webplattformen, Apps, bieten digitale Events, produzieren Unmengen digitalen Content, Videos und beraten Firmen zu Digitalisierung und ihren individuellen Möglichkeiten. Unsere Kunden sind längst nicht mehr nur die innovativen Vorreiter, sondern auch konservative Mittelständler, Gewerkschaften und Bildungseinrichtungen.

    Inzwischen bedeutet Digitalisierung für uns viel mehr. Es ist fast eine Haltung geworden, die vielfältigen und fast grenzenlosen Chancen für alle Bereiche des Lebens zu sehen und vor allem deren Mehrwerte. Wir nutzen heute digitale Angebote, beruflich und privat, in fast allen Zusammenhängen – Planung, Kommunikation, Projektmanagement, Controlling und Buchhaltung. Wir versenden Daten über die Cloud, bestellen Online unsere Druckprodukte, programmieren unsere eigenen Schlüssel und suchen ein neues Glühweinrezept auf Pinterest.

    Wir sind sehr gespannt, wohin die Reise gehen wird und freuen uns, auf alles was kommt. Wir beobachten neugierig, wie die großen Probleme und Herausforderungen der Menschheit durch digitale Vernetzung und Möglichkeiten geknackt werden und wie wir alle in den nächsten 20 Jahren arbeiten und leben werden. Das Einzige, was wir noch nicht digital sehen können ist, wie es uns geht. Auf uns selbst, aber auch auf andere sollten wir immer gut aufpassen. Ganz analog, direkt und empathisch.“

    Dem habe ich absolut nichts hinzuzufügen. Privat werde ich aber sicher das eine oder andere Mal dem Trend der „digitalen Auszeit“ folgen – mein Handy mal beiseitelegen und einfach nur – ganz offline – den Tag genießen.

    Eure Sabine