Blogbeitrag2021 – Was bringst du uns?

2021 – Was bringst du uns?

Eine Gedankenreise ins neue Jahr – ohne Vorsätze, aber mit vielen Unbekannten.

  • Ein neues Jahr fühlt sich für mich mit fortschreitendem Alter immer mehr wie eine Mischung an aus einem neuen weißen Blatt, das neu beschrieben werden möchte und einem Geschenk, dass ich noch nicht auspacken konnte (oder wollte) und deshalb nicht weiß, was drin ist. Es mischen sich Vorfreude und Skepsis. Gerade in diesem Jahr empfinde ich den Widerspruch noch deutlicher. Eigentlich ist es Augenwischerei. Die Zeit zu strukturieren in Minuten, Stunden, Tage und Jahre hilft uns, sie zu begreifen, uns zu erinnern, Zäsuren zu haben, mehrheitlich kollektiv Pause zu machen – an den Wochenenden und eben auch über den Jahreswechsel. Und natürlich ist auch der Wunsch nur zu menschlich und nachvollziehbar, dass mit einem neuen Jahr die RESET Taste gedrückt wird und alles auf Anfang geht. Mit neuen Chancen und neuen Möglichkeiten. Am Anfang eines neues Jahres scheint vieles möglich. Mehr Sport, weniger Alkohol, endlich die große Liebe finden, den Traumjob bekommen. Jedes neue Jahr ist aufgeladen mit Sehnsucht, großen Wünschen und Erwartungen.

    In diesem Jahr spüre ich den Wunsch nach positiven Entwicklungen umso stärker. Gleichzeitig sehe ich, dass wir genau da weiter machen, wo wir vor Weihnachten aufgehört haben. Diesmal ist es nicht die RESET Taste sondern nur die PAUSE Taste gewesen. Der Lockdown wird fortgesetzt, die Schulen, Restaurants, Sportstudios und Geschäfte haben weiter geschlossen, während die Intensivstationen sich weiter füllen und manches Krankenhaus vor dem Kollaps steht.
  • Was wird uns das Jahr 2021 wohl bringen?

    Was wird uns das Jahr 2021 wohl bringen?
    Wie viel wird geschehen, ohne dass wir es beeinflussen und regulieren können? Endlich impfen, endlich und hoffentlich wieder ein bisschen mehr Freiheit und Normalität, mit großer Vorfreude auf all die schmerzlich vermissten Dinge, die unser Leben bereichern. Und wie viel liegt in unserer eigenen Macht und Verantwortung? Corona ist leider, auch wenn es seit fast einem Jahr unsere Medien beherrscht, nicht unser einziges Problem als Menschheit. Das wissen wir und wir wissen es gut zu verdrängen. Wir haben viele und zu gute Ausreden.

    Zwischen all den Netflix-Serien, Gänsekeulen und ausgedehnten Spaziergängen über den Jahreswechsel, habe ich endlich „UNSERE WELT NEU DENKEN“ von Maja Göpel, der streitbaren Politökonomin und Transformationsforscherin, gelesen. In den sozialen Netzwerken wurde es mir immer wieder empfohlen, Maja Göpel saß bei Markus Lanz und anderen. Ein Muss, zumindest für Menschen in meiner Bubble und ein verheißungsvoller Titel, der viel verspricht. Wir wissen um die Gefahren und Herausforderungen und haben dennoch keinen Plan, wie wir unser Klima und unsere Welt ernsthaft und nachhaltig retten können. Sie greift die aktuellen Aktionen der FFF Bewegung und Extension Rebellion auf und stellt viele Dinge, die wir als gegeben ansehen, auf den Prüfstand.

    Wir können nicht mehr so weiter machen wie bisher.

    Wir, damit meine ich mich, jede/n Einzelne/n, jedes Unternehmen, jedes System, das einen Fußabdruck hat und damit eine Verantwortung der Erde und künftigen Generationen gegenüber. Wenn wir es runterbrechen, heißt das, wir alle müssen besser heute als morgen umdenken und unserer Verantwortung gerecht werden. Aber wie sieht unsere Verantwortung wirklich aus? Was heißt das konkret fürs neue Jahr, für unser Leben, Handeln, unsere Entscheidungen im Privaten wie beruflich?
  • 2021 – Was bringst du uns?: Bild 3
  • Diese Fragen habe ich am ersten Tag des neuen Jahres in mein Team gegeben. Und was soll ich sagen? Es entbrannte eine leidenschaftliche Diskussion, die sehr schnell zu dem Punkt kam, welche Rolle wir eigentlich als Agentur, als Berater*innen für Unternehmen und Organisationen haben. Welche Rolle haben wir? Welche Rolle wollen wir und welche machen wir uns zu eigen? Es war ein spannender, vielschichtiger Austausch, der naturgemäß durch die ersten Termine, die es an diesem ersten Arbeitstag gab, unterbrochen wurde. Wie so oft, gab es mehr neue Fragen als Antworten. Spannend ist es allemal.

    Wie sehr die Verantwortung für Nachhaltiges Handeln die gesamte Wirtschaft beschäftigt, wird an den zahlreichen Innovationspreisen für nachhaltige Unternehmen sichtbar.

    So würdigt z.B. der deutsche Nachhaltigkeitspreis Unternehmen, die sich für ökologische UND soziale Transformationen engagieren. Zu den aktuellen Preisträgern gehören auch drei Berliner Unternehmen. Wenn meine vor 12 Jahren verstorbene Oma nochmal für einen Tag zu Besuch käme, würde sie die Welt nicht wieder erkennen. Was für coole, sinnvolle und charmante Ideen: ECF Farmsystem ist ein Unternehmen, das Fische und Kräuter da produziert, wo sie verbraucht werden, die ökologische Suchmaschine Ecosia pflanzt von ihren Werbeeinnahmen alle 0,8 Sekunden einen Baum und die Plattform Too Good To Go bietet Gastronomie und Hotellerie die Möglichkeit, überproduziertes Essen zu einem günstigen Preis an Selbstabholer abzugeben. Ich hab die App schon manches Mal genutzt, auch weil sie mich an Orte brachte, die ich sonst nie kennengelernt hätte, wie ein Hotel in meinem Kiez, das ich sonst nie besucht hätte.
  • 2021 – Was bringst du uns?: Bild 5
    Im druckfrischen (wie heißt eigentlich das adäquate Wort dafür im Digitalen?) Eyeam Innovationsbericht 2021 las ich gerade: “The push for environmental awareness shaping most of 2019 news and social media feeds was forced to take the back-seat in 2020. Where news stories of environmental tragedy and natural emergencies once lived, now sat the fight against the global pandemic. However, a new sense of urgency is set to kick-in after appreciating the quick breath of fresh air resulting from global lock-downs. Consumers will begin actively searching for solution-driven products and business, rather than simply one-off ‘green’ campaigns. 2021 represents a new era for brands to take a stand on the side of sustainability once and for all.”

    (frei übersetzt von mir):

    „Der Ruf nach mehr Umweltbewusstsein, der die meisten Nachrichten und Social-Media-Feeds von 2019 prägte, musste 2020 in den Hintergrund treten. Wo es früher Nachrichten über Umwelttragödien und Naturkatastrophen gab, fand jetzt der Kampf gegen die globale Pandemie statt. Wie auch immer, es wird ein neues Gefühl der Dringlichkeit geben, denn wir haben die frische Luft geatmet, die sich aus den globalen Shut-downs und erliegendem Flugbetrieb und Reiseverkehr ergibt. Verbraucher werden aktiv nach lösungsorientierten Produkten und Innovationen suchen und nicht mehr greenwashing Kampagnen vertrauen. 2021 bedeutet für Marken ein neues Zeitalter, sich dauerhaft für Nachhaltigkeit zu engagieren.“
  • 2021 – Was bringst du uns?: Bild 6
  • Dass auch unsere Branche – Kommunikation, Marketing, Design – das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, konnte ich der aktuellen und ersten Ausgabe 01.21 der PAGE entnehmen. Sie beschreibt in ihrem Artikel zu Sustainability, dass beim Thema Nachhaltigkeit heute keine Marke mehr vorbei kommt. Und damit ist nicht greenwashing gemeint, sondern echte und authentische Nachhaltigkeit durch innovative Technologien, mit nachvollziehbaren Ergebnissen und transparenten Daten. Kurzzeitig dachte man, Corona bremst das wachsende Interesse am Thema Sustainability aus – im Gegenteil. Eine weltweite Studie mit 21000 Menschen aus 27 Ländern belegt den Wunsch nach einer nachhaltigen und gerechteren Welt. „Es geht für Marken um die Fähigkeit, sich auf individuelle Weise dem Thema Nachhaltigkeit zu stellen und nicht nur die eigene Haltung sondern auch die tatsächlichen Erfolge glaubhaft zu kommunizieren.“ Lukas Cottrell hat die Studie „Better Brand 2021“ als Managing Partner der Peter Schmidt Group begleitet und beobachtet, dass der Druck der Konsumenten zu groß ist – ihre Erwartungshaltung zwingt Unternehmen wirklich aktiv zu werden. Das ist in meiner Wahrnehmung bereits ein eklatanter Fortschritt, der in den letzten zwei Jahrzehnten geschehen ist. Als mein Bruder Martin und ich vor 20 Jahren unsere Agentur, die ideenmanufaktur, gründeten, haben wir uns damals – und bis heute immer wieder sehr bewusst für Kunden aus Politik und NGOs entschieden, später auch für Unternehmen und Organisationen im B2B. Wir wollten und wollen hinter unseren Projekten stehen. Wir brauchen Ehrlichkeit und faire Produkte und wir wollen stolz sein, auf unseren Anteil an Entwicklung und Fortschritt und wollen die Welt, mit dem, was wir können und leisten, ein Stück besser machen. Das meint nicht Perfektion, aber ähnliche Ziele und Werte.

    Aber wie ist das nun mit der Rolle der Kreativen, die auch heute noch tadellose nachhaltige Konzepte für Unternehmen entwickeln, die selbst die wesentlichen Weichen noch nicht gestellt haben?

    Inwieweit wünschen sich Kund*innen eine Beratung hinsichtlich Nachhaltigkeit, Fairness und Gerechtigkeit? Wie viel Einfluss wollen oder können wir auf die Nachhaltigkeitsstrategien unserer Kunden legen? Wo endet mein Auftrag als Dienstleister*in? Welche Spielräume gibt es überhaupt. Heißt Employer Branding nicht immer auch New Work? Ist Online wirklich immer besser als Print? Wie erklärt man, dass die Datenlast bei der Digitalisierung und Datentransfers auch eine entscheidende Rolle spielt? Wie geht man mit Unternehmen um, die eine kritische Auseinandersetzung mit der Marke und diesen Themen scheuen? Lukas Cottrell fasst es schön zusammen: „Man muss anecken können und wollen, man darf keine Angst mehr vor Widerspruch haben“. Keine Angst zu haben, ist sowie ein wichtiges Learning… finde ich. Und wenn wir es schaffen, in diesem Jahr unsere Diskursfähigkeit zu stärken und weiter zu entwickeln, hilft uns das bei vielen anderen Herausforderungen auch. Ich sage nur Super-Wahljahr. Aber das ist ein anderes Thema…

    Spannend ist, dass der Nachhaltigkeitsbegriff sich im Laufe der letzten Jahre stark gewandelt hat.

    Er ist über 300 alt und stammt ursprünglich wohl aus der Forstwirtschaft mit dem Ziel eines stabilen Gleichgewichtes. In einem Wald sollten nur so viele Bäume abgeholzt werden, wie in diesem in absehbarer Zeit auch nachwachsen können.

    Die Eckpfeiler der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der vereinten Nationen bilden, weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt, soziale Gerechtigkeit und der Schutz der Umwelt.
  • 2021 – Was bringst du uns?: Bild 8
  • Die Weichen sind also gestellt und es geht heute längst nicht mehr nur um Umwelt- und Klimaschutz und den verantwortungsvollen Umgang mit den endlichen Ressourcen unserer Erde, sondern inzwischen auch um soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Gendergerechtigkeit und Antirassismus – und LEBENSFREUDE. Wenn das mal kein Ziel für dieses neue, unbekannte und herausfordernde – aber vielleicht auch voll schöne Jahr ist.

    In diesem Sinne – ich wünsche euch allen ein wunderbares Jahr, mit viel Zuversicht und Lebendfreude. Bleibt gesund!

    Eure Jana