BlogbeitragPitchkultur – Fesseln für New Work?

Pitchkultur – Fesseln für New Work?
Sind Pitches und Ausschreibungen noch zeitgemäß oder gibt es aktuelle Alternativen, um Compliance-Anforderungen zu entsprechen?
  • Pitch? Was soll das sein?

    Pitch? Was soll das sein?
    Es gibt Menschen und ganze Berufsgruppen, die haben den Begriff Pitch noch nie im Leben gehört. Für mich und für uns als Agentur gehören Pitches zum Alltag – ob wir wollen oder nicht.

    Zugegebenermaßen hatte ich diesen Artikel schon etliche Jahre im Hinterkopf, da mich das Thema seit Gründung unserer Agentur beschäftigt und es wenige Situationen und Konstellationen gibt, in denen ich mich so ausgeliefert, so wehr- und machtlos, ungerecht behandelt und unsere Arbeit so wenig wertgeschätzt fühle. Aber jetzt erst hatte ich die Eingebung, dass die Zeit langsam reif ist dafür. Wie wir alle wissen, sind das keine schönen Gefühle und nichts, was dem kreativen Tun, dem Aufgehen in seiner Arbeit und der allgemeinen Zufriedenheit zuträglich ist. Sich diesen Gefühlen dennoch immer wieder auszusetzen, hat etwas Schmerzhaftes.

    Deshalb bin ich der Meinung, dass sich etwas ändern muss und das Thema Pitches für Agenturen mal gehörig auf den Prüfstand gehört. Weil aber so viele persönliche Facetten mit einfließen, schreibe ich deshalb den Artikel aus meiner persönlichen Sicht als Jana. Auch wenn ich weiß, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen in unserer Agentur, aber auch in anderen Agenturen und Dienstleistungsunternehmen das ganz ähnlich sehen. Was aber nicht viel Veränderungen bringen wird, wenn wir keinen gemeinsamen gesellschaftlichen und öffentlichen Diskurs dazu schaffen.
  • Meine Motivation für den Artikel

    Meine Motivation für den Artikel
    Meine Motivation dabei ist, dass es durch die ausführlichen Schilderungen von Pitch-Konstellationen und Umständen Gelegenheiten gibt, unsere Sichtweise und Erfahrungen als Dienstleister in derartigen Situationen in die Behörden, Unternehmen und Organisationen zu tragen. In der Hoffnung, dass sich möglicherweise durch das Wissen um das Gegenüber bzw. auf die Partner*innen, sich der Blick ändert und die Herangehensweisen langsam an moderne und agilere Arbeitsweisen angepasst werden kann. Vor allem für unsere Verwaltungen, Ministerien und öffentlich finanzierten Unternehmen und Projekte sind die Denkweise und Strukturen ein Wettbewerbsnachteil, da in weiten Teilen nicht modern und agil gedacht, gewirtschaftet und gearbeitet werden kann. Die Denkweisen, Strukturen und der Aufbau verhindern dies schlichtweg.
  • Was ist was? Begriffsklärung

    Was ist was? Begriffsklärung
    Aber vielleicht noch mal kurz den Schritt zurück und ein paar Begriffe klären. Was ist denn überhaupt ein Pitch? Warum gibt es die und seit wann? Wer profitiert davon und wer nicht? Was unterscheidet Pitches von Ausschreibungen und was hat das Ganze mit Compliance zu tun? Nach meiner Kenntnis und Erfahrung gibt es bei staatlichen Stellen bzw. öffentlich finanzierten Behörden und Unternehmen eher Ausschreibungen, in der freien Wirtschaft eher Pitches.
  • Was ist ein Pitch?

    Was ist ein Pitch?
    Ein Agenturpitch ist kurz gesagt eine Präsentation, mit der sich eine Agentur um einen Auftrag bemüht. Es gibt auch Pitches für Architekt*innen oder in anderen Gewerken, die lasse ich hier bewusst außen vor. Ein Agenturpitch ist eine der häufigsten gewählten Methoden von Unternehmen, um eine Agentur auszuwählen. Die Agenturen bemühen sich dabei um einen bestimmten Etat oder ein spezielles Projekt eines Kunden. Es geht also um die Suche nach einer/m passenden/n Partner*in. Was genau passend meint, legt das suchende Unternehmen fest. Oft ist es die Kreativität und Innovation, aber auch die Größe, der Standort, die angepriesene Schnelligkeit sowie Ruf und Renommee entscheidend – und natürlich spielt der Preis eine Rolle.
  • Was ist eine Ausschreibung?

    Was ist eine Ausschreibung?
    Ausschreibungen unterliegen meist den gesetzlich geregelten Vorgaben und müssen am Ende den Prüfungen des Bundesrechnungshofes standhalten. Es gibt offene und verdeckte Ausschreibungen, manche werden für eine Stadt, deutschlandweit, europaweit, weltweit ausgeschrieben. Agenturen werden angeschrieben oder bewerben sich, um an Ausschreibungen teilzunehmen. Es gibt öffentliche oder Bezahl-Plattformen, bei denen die Ausschreibungen veröffentlicht werden (müssen). Ausschreibungen sind für beide Seiten in höchstem Maße aufwendig, oft kompliziert, man braucht viel Erfahrung, allein schon formell alles richtig zu machen. Unternehmen sind gut beraten, einen erfahrenen Dienstleister zu Rate zu ziehen, denn wenn eine Ausschreibung formal nicht richtig ist, muss erneut ausgeschrieben werden, was dann definitiv zu Zeitverzögerungen führt. Auch bei Ausschreibungen geht es um die Suche, aber eher nach einem Dienstleister als nach einem Partner. Ob die Chemie stimmt, ob Kultur und Werte matchen, spielt meist keine große Rolle. Vielmehr wird meist das wirtschaftlich günstigste Angebot gesucht. Zu Deutsch das Billigste.

    Will man der billigste Anbieter sein? Wenn es um Kommunikation, Leidenschaft, Design geht? Möchte man dafür gute Mitarbeiter*innen schlecht bezahlen, sich selbst ausbeuten, keine Ressourcen haben für Weiterbildung, neue Werkzeuge?

    Zum Verständnis, was ein Pitch im Alltag auslöst, hier mal zwei Sichtweisen:
  • Ein Pitch aus Sicht eines Unternehmens

    Dazu habe ich unsere Kollegin Sabine gebeten, uns an ihren Erfahrungen aus ihrem vorherigen Job teilhaben zu lassen.

    „In meinem Job bei der airberlin durfte ich bei einem großen Agentur-Pitch dabei sein, bzw. diesen in Zusammenarbeit mit dem Einkauf steuern. Ich kenne diese Seite somit sehr gut. In meiner Funktion als Senior Managerin Agentursteuerung war das aber auch genau meine Aufgabe, in die ich viel Zeit und Mühe gesteckt habe, damit wir auch wirklich die passende Agentur für uns finden und das nach einer Bewertungsmatrix, die fair ist und keine Fragen offenlässt. Nicht einfach, strategisches Können, Kreativität und die zwischenmenschliche Chemie anhand einer Excel-Liste zu messen. Es handelte sich um einen großen Pitch für einen ziemlich großen Retainer-Vertrag. Eine Ausschreibung ist hierbei also ein Muss. Zu viele Kollegen wollen bei der Auswahl mitreden, Kontakte vermitteln und selber kreativ werden. Aber bei vielen kleineren Aufträgen fragt man sich, ob das einer Beschäftigungstherapie gleichkommt. Reicht es hier nicht, 3 Angebote einzuholen? Muss es denn immer gleich eine ganze Ausschreibung sein?“

    So könnte sich das in vielen Unternehmen abspielen:

    „Wir brauchen ein neues Logo (alternativ oder auch eine Website, Kampagne, Social Media Strategie). Können wir das intern vergeben? Nein. Wir brauchen einen externen Dienstleister. Eine Agentur. Aber welche? Kennt jemand eine? XY hat eine vorgeschlagen – find’ ich aber nicht so dolle. Eigentlich müssen wir das eh ausschreiben, oder? Mhm, eine Ausschreibung kostet aber viel zu viel Zeit – das schaffe ich gar nicht zusätzlich zu meinen anderen Aufgaben. Was wollen wir denn? Wissen wir noch nicht so genau? Können wir nicht einfach das Briefing vom letzten Mal nehmen und adaptieren? Zu viel sollten wir sowieso nicht vorgeben, schließlich soll die Agentur frei denken können. Macht nichts. Wir laden möglichst viele Agenturen ein, die schon mal ein bisschen vordenken, dann klären sich die wichtigsten Fragen und außerdem können wir uns dann das schönste Design aussuchen. Aber ein Pitch-Honorar sollten wir zahlen, wenigstens ein Kleines.“
  • Ein Pitch aus Sicht einer Agentur

    „Oh wie toll, eine Anfrage. Können wir gut gebrauchen. Arrrgh Mist, eine Ausschreibung. Bis wann? 3 Wochen? Boah, wie sollen wir das schaffen? Diese Woche sind wir dicht, ab nächste Woche sind Ferien. Ist ja immer so praktisch die Ausschreibungen noch kurz vor den Ferien rauszuschicken. Agenturen machen ja keinen Urlaub und Kreative haben ja keine Familien. Kann man den Termin noch nach hinten schieben? Nein, wir haben für die Pitch-Unterlagen schon so lange gebraucht und sind schon im Verzug, tut uns leid. Was wollen sie genau? Steht nicht drin. Ein Konzept, die Herangehensweise und eine Designskizze. Botschaften, Ziele, Anforderungen an die Agentur, Budget? Nee, steht nix oder nur so halb. Klingt erstmal nicht nach viel Aufwand. Der Teufel liegt im Detail. Nach welchen Kriterien wird entschieden: idea first / people second oder umgekehrt oder beides? Vielen Unternehmen ist das nicht klar bzw. es gibt kein einheitliches Vorgehen. Wenn man arbeitet, wie wir es tun, muss man ein Projekt durchdringen, verstehen. Nur dann kann es gut werden. Wir stochern im Nebel. Erstes Meeting. Nach 20 min haben wir 30 Fragen, die man eigentlich mit dem Kunden diskutieren müsste – im Gespräch. Weil es komplex ist, weil es kein richtig oder falsch gibt, sondern Entscheidungen für mehr oder weniger Mut oder was auch immer gebraucht wird.
  • Pitchkultur – Fesseln für New Work?: Bild 8
    Was wir können, ist die Fragen zurückzuschicken und auf Antworten zu warten. Noch eine Woche. Das ferienbedingte unterbesetzte Team schiebt Überstunden, entwickelt Konzept und Designs, strickt parallel an der Präsentation, kalkuliert ins Blaue. Dann kommen die Antworten. Lückenhaft. Es fehlt Klarheit auf ganzer Linie. Das Konzept und Design müssen angepasst werden. Die Texte für die Präsentation fehlen noch, was soll man schreiben über ein Setting, was selbst dem Kunden noch nicht klar ist. Irgendwann wird entschieden, dass die Pitch-Unterlagen fertig sind und raus müssen. Bei öffentlichen Ausschreibungen kommt noch ein Wahnsinn an zusätzlich auszufüllenden Unterlagen dazu. Dafür gibt es weder Studiengänge noch Ausbildungsberufe. Irgendwann drückt man Enter oder verabschiedet den Kurier – und gewinnt im besten Fall. Im Schlimmsten Fall, hat man kollektiv gar keine Lust mehr auf Projekt und Kunde.“

    Um nicht zu verallgemeinern, möchte ich hier ausdrücklich festhalten, dass wir als Agentur grundsätzlich davon ausgehen, dass jedes einzelne Unternehmen oder Organisation bei einer Ausschreibung oder einem Pitch ihr Bestes gibt und niemandem schaden möchte. Manchmal reicht einfach das Beste nicht aus.
  • Resümee? 

    Es ist nun nichts Ungewöhnliches dabei, dass es unterschiedliche Blicke auf ein und dieselbe Situation gibt und damit auch verschiedene Haltungen, Reaktionen und Erfahrungen. Wenn es aber eine Schieflage gibt, Missverständnisse, Schwierigkeiten in und mit der Kommunikation, fehlende Klarheit und mangelndes Verständnis, daraus resultierend schlechte Voraussetzungen, um strategisch überlegt zu arbeiten, leicht und kreativ Ideen zu entwickeln, wenn das Ganze am Ende Energie raubt – dann spätestens muss es Veränderungen geben.    
  • Kurzer Vergleich 

    Stell dir vor, du hast einen Laden und bist z.B. mit Leidenschaft Bäcker. Du verkaufst deine Brötchen, Brote, vielleicht auch Kuchen und Torten. Eines Tages kommt jemand in den Laden und sagt: Ich brauche fürs Wochenende für meine Familie in Zukunft immer Brötchen, aber bevor ich mich entscheide, möchte ich bei verschiedenen Bäckern Brötchen kosten – umsonst oder maximal für einen Bruchteil des Preises. Dann kann der Kunde Testbrötchen kaufen und entscheiden, bei welchem Bäcker er in einkaufen möchte. Wenn der Kunde nett und es die Situation erlaubt, wird der Bäcker auch mal ein Brötchen zum Kosten ausgeben, so wie auf dem Markt ein Stück Käse oder es bei Hochzeiten vorher oft ein Testessen gibt (das aber oft auch bezahlt werden muss).
  • Warum zum Teufel müssen Agenturen pitchen?

    Letztlich geht es darum, die/den passende/n Partner*in, die richtige Agentur zu finden. Was oder wer aber passt? Was ist richtig? Oft verbergen sich dahinter hohe Erwartungen aber auch diffuse unterschiedliche Wünsche. Für manche Unternehmen ist es auch nicht die Suche nach einer/m Partner*in auf Augenhöhe, sondern nach einem Dienstleister, an den man ungeliebte Dinge auslagert, dem man ein paar Brocken hinwirft und erwartet, dass diese vergoldet werden. Eine Beziehung aufbauen ist von vorne herein nicht vorgesehen. Je besser ein Kunde formulieren kann, in welcher Form Unterstützung gebraucht und wer eigentlich gesucht wird, umso klarer ist das Suchfeld und umso zielgerichteter kann eine Agentur gesucht und erfolgreich gefunden werden.
  • Die Historie

    Es gab und gibt Betrug, Vetternwirtschaft, Übervorteilungen und Schmiergelder – überall auf der Welt. Deutschland (wie auch weitere Länder der westlichen europäischen Welt) ist inzwischen ein recht sicheres Land und hat es im Laufe der Jahre geschafft, hohe Standards im Bereich Compliance einzuführen und zu leben. Das ist definitiv eine Errungenschaft, hinter der noch mehr steckt. Chancengleichheit, verantwortungsvoller Umgang mit Geld und eine nachvollziehbare Verteilung. Es ist einfach eine andere Situation, wenn ein/e Autokrat*in weiß, was er/sie will und einfach entscheidet. Entscheidungsprozesse in Unternehmen und Organisationen sind deutlich komplexer und unterliegen noch ganz anderen Gesetzmäßigkeiten. Die Suche nach der/dem passenden Dienstleister*in ist vermutlich so individuell wie ein Unternehmen selbst. Größe, Alter, Standort, Portfolio, Werte, Tradition, Risikobereitschaft eines Unternehmens u.a. spielen bei der Bewertung eine Rolle, ebenso wie der Hang zu bekannten und vertrauten Namen oder der Offenheit hinsichtlich neuer, bisher nicht ausprobierter und daher schwer kalkulierbarer Methoden.

    Es gab und gibt Gründe, warum Ausschreibungen und Pitches eingeführt wurden. Um Komplexität zu verringern und auch, um transparent und nicht angreifbar zu sein. Aber wie bei allen Dingen, macht es Sinn sie von Zeit zu Zeit auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen.
  • Das Problem heute ist vielfältig

    Die wichtigste aller Fragen für mich ist aber: Wenn wir über New Work nicht nur nachdenken, sondern versuchen, unsere Arbeit, unser Denken unsere Kultur langsam zu transformieren und den ständig neuen Anforderungen anzupassen, funktionieren dann Pitches und Ausschreibungen für Agenturen in agilen Arbeitsbeziehungen noch?

    DIE ANTWORT IST N E I N.
  • Pitchkultur – Fesseln für New Work?: Bild 14
    Die Schwierigkeiten und Probleme, die ich sehe, sind tatsächlich sehr vielfältig. Die Glaubenssätze eines Unternehmens sind genauso mächtig wie die eines einzelnen Menschen. Kommt eine Agentur überhaupt in Frage, wenn sie vermeintlich zu klein, zu anders, zu nah oder zu weit weg ist? Wie kann man mit einer Agentur auf Augenhöhe arbeiten, wenn man ihre Arbeit nicht so wertschätzt, wie es richtig und wichtig sein sollte. Kann die/der preiswerteste Anbieter*in wirklich passend sein? Darf man im Pitch un- oder unterbezahlte Ideen oder Analysen erwarten und annehmen?

    Ausschreibungen sind zudem oft sehr rückwärtsgewandt. Es wird mehr Augenmerk daraufgelegt, zu schauen, was Agenturen in der Vergangenheit geleistet haben, anstatt gemeinsam darüber ins Gespräch zu kommen, wie die Sichtweise auf das Projekt, das Problem, die Aufgabe und die Herausforderungen ist und gemeinsam über Wege und Lösungen zu diskutieren. Stattdessen wird etwas ausgelagert, was nicht ausgelagert werden kann. Obwohl es zum Organismus eines Unternehmens gehört. Weil Kommunikation und Marketing ein so wichtiger Teil der DNA eines Unternehmens sind. Das gilt im Übrigen auch für staatliche Governance. Unternehmen können sich Knowhow und Beratung einkaufen, aber nicht wichtige interne Aufgaben abspalten und outsourcen.

    Ich bin mir der zum Teil gegenteiligen Bedürfnisse auf Unternehmensseite bewusst und bemühe mich immer wieder ernsthaft um einen Perspektivwechsel – ohne Anspruch, neutral zu sein. Das wäre vermessen. Ich habe leider keine einfache Lösung in der Tasche und Antwort auf meine eigene Frage, aber ein paar praktische Anregungen. Wie eine Zusammenarbeit gut gelingen kann, beschreibe ich mit den folgenden 11 Lösungen.
  • Lösung 1 – agile Arbeitsweise

    Lösung 1 – agile Arbeitsweise
    Pitches und Ausschreibungen, wie wir sie kennen, passen nicht mehr in unsere heutige Zeit. Warum? Weil die Herangehensweise und Arbeitsweise bei Projekten heute eine andere ist und auch sein muss. Wir denken nicht mehr nur in Kanälen oder Produkten, wasserfallartig und starr. Wir müssen gemeinsam arbeiten – nicht gegen- oder miteinander – und eher aus der Aufgabe heraus die passenden internen und externen Ressourcen vereinen. Das gut durchdachte und gemeinsam formulierte Ziel ist wichtig. Der Weg dahin wird agil und prozessorientiert gemeinsam gestaltet – auf Augenhöhe, vom Auftraggeber und in Abstimmung mit allen beteiligten Partnern. Dafür braucht es selbstverständlich neue Möglichkeiten und Begegnungen bei der Suche nach dem passenden Partner oder Dienstleister. Pitches und Ausschreiben sind meiner Meinung kontraproduktiv, weil auf herkömmliche Art und Weise nicht die richtigen Partner gefunden werden, Gelder verbrannt bzw. nicht richtig – und damit nicht verantwortlich – eingesetzt werden.
  • Lösung 2 – mehr Freiheiten in der Schrittfolge

    Gerade bei Anträgen, müssen Organisationen vorher schon wissen, wie z.B. ein Projekt, eine Lösung oder eine Website aussehen soll und wie viel sie kosten darf. Das weiß aber zu diesem Zeitpunkt meist kein Mensch. Es kann niemand wissen. Weil erst nach der Analyse von Umfeld und Bedarf etc., der strategischen und konzeptionellen Planung eine erste Idee des Umfangs und der Features entsteht. Vor allem wenn die Entwicklung von Ideen Teil eines Projektes ist, kann man schlecht in die Glaskugel schauen und wissen, welche Ideen entwickelt werden und wie viel diese Ideen kosten werden. Deshalb braucht es mehr Freiheiten für den Weg und die Abfolge.
  • Lösung 3 – Kollaborativ arbeiten | der kombinierte Blick von innen und außen als Erfolgsmodell

    Oft ist die Erarbeitung einer Positionierung oder Kampagne Teil eines Pitches oder einer Ausschreibung. Das ist zentral und elementar. Das sehen wir genauso. Diese Aufgaben sind ziemlich komplex und nur lösbar, wenn das Wissen von innen und der Blick von außen verschmelzen können, weil erst daraus das Gute entsteht. Dafür ist es wichtig, im Prozess ein direktes und schnelles Feedback zu bekommen. Nur so können Agenturen vermeiden, zu lange in eine nicht passende Richtung zu laufen und Aufwand für die Tonne zu generieren. Um Projekte für ein anderes System oder „Universum“ zu erarbeiten, braucht es viel internes Wissen um Kulturen, verdeckte und offene Ziele, mögliche Konkurrenz, Brandherde und Fettnäpfchen. Wenn das Projekt passend wie ein Maßanzug werden soll, dabei innovativ und unique, geht das aus unserer Sicht am besten gemeinsam in einem engen Prozess und Austausch.
  • Lösung 4 – Bestmögliche Bedingungen schaffen

    Wir möchten unser Bestes geben. Damit das gewährleistet wird, müssen wir für uns sorgen und ernst nehmen, was wir als Menschen und als Agentur brauchen, um gut arbeiten zu können und dies in der Zusammenarbeit auch leben. Dafür brauchen wir Transparenz und Akzeptanz. Wir müssen uns kennen lernen und ehrlich gegenseitig unsere Erwartungen austauschen. Wir produzieren nicht seelenlos vom Fließband. Wir geben Kreativität, Herzblut, Lebenszeit. Die wichtigsten Voraussetzungen für uns sind letztlich identisch mit den Prinzipien der New Work Charta: 
    • Freiheit
    • Selbstverantwortung
    • Sinn
    • Entwicklung
    • soziale Verantwortung
  • Lösung 5 – adäquate Wertschätzung & Vergütung

    Wir möchten einander in allen Projekten auf Augenhöhe begegnen und wünschen uns, dass alle Verbindungen von Wertschätzung geprägt sind – bis zum kleinsten Rädchen im Getriebe. Das äußert sich für uns im Zuhören um des Zuhörens willen – nicht unbedingt, um zu antworten. Es zeigt beim Wunsch nach gegenseitigem Kennenlernen, auch der Besonderheiten, Wünsche. Gelebt wird Wertschätzung, wenn Vorstellungen ausgetauscht und abgeglichen werden – und dann gemeinsam eine Vorgehensweise entwickelt wird, in der alle Beteiligten das Beste, was sie zu geben vermögen, leisten können. Einiges kann in einer Kennenlernphase erfolgen. Aber Leistungen wie Recherche, Markt-/ Stakeholderbeobachtung und Konzeption von relevanten Inhalten sowie Ableitung von Handlungsempfehlungen sind klassische Aufgaben, die vergütet werden müssen. Das übersteigt den ethischen Umfang eines Pitches. „Was nichts kostet, ist nichts wert“ heißt es im Volksmund. Hier ist es schlicht Arbeit, die nicht bezahlt wird. Wünschenswert wäre auch, dass öffentliche Auftraggeber im Kleinen wie im Großen, die in nicht unerheblichem Maße auch von ihrer Kreativwirtschaft leben, diese auch wertschätzt und fördert. Dazu gehört auch, dass Ministerien, Verwaltungen und Unternehmen der öffentlichen Hand faire Pitch-Honorare zahlen und im besten Fall neue, zeitgemäße, weniger kraftraubende und gerechte Vergabe-Regelungen finden, die Agilität und Compliance einschließen.
  • Lösung 6 – das richtige Briefing / Klarheit & Ziele

    Eine grundlegende Voraussetzung, um unserem eigenen, aber auch dem Qualitätsanspruch des Kunden gerecht zu werden, ist ein gutes Briefing. Oft gibt es das nicht, weil beim Auftraggeber die dafür notwendige Klarheit noch nicht vorhanden ist. Das ist auch völlig klar und nachvollziehbar. An der Stelle bieten wir immer die Möglichkeit, das Briefing gemeinsam zu erarbeiten. Wir stellen durch unseren Blick von außen und unsere Erfahrungen andere Fragen.
  • Lösung 7 – ausreichend Zeit & Ressourcen

    Lösung 7 – ausreichend Zeit & Ressourcen
    Wir legen großen Wert darauf, anspruchsvolle Projekte mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu behandeln. Dazu gehört auch, dass wir uns Zeit nehmen möchten und müssen. Es sind in höchstem Maße kreative Aufgaben. Die brauchen etwas Zeit zum Reifen, zum Sacken lassen, zum drüber schlafen und nachjustieren. Ausschreibungen kommen immer on top zu den bestehenden Projekten. Dafür müssen wir zusätzliche Ressourcen einplanen. Damit meinen wir nicht die Armada an Praktikanten, die es bei uns nicht gibt, sondern Strategen, Digital Berater etc. Die wollen und müssen bezahlt werden. Da wir eine sehr familienfreundliche Agentur sind, haben naturgemäß Teile der Belegschaft in den Ferien auch tatsächlich Urlaub. Eine Ausschreibung mit sehr kurzen Fristen ist dann oft mit Überstunden für die verbleibenden Mitarbeitenden verbunden. Überstunden kollidieren mit unserer Unternehmenskultur und fallen nur in Ausnahmefällen an – in bereits beauftragten Projekten.
  • Lösung 8 – Wahrscheinlichkeiten erhöhen

    Wenn wir uns für ein Thema, Projekt oder Kunde entscheiden, machen wir das mit sehr viel Leidenschaft und Herzblut. Unsere Beratung, die strategische Arbeit und Kreativleistungen sind wertvoll. Sie sind uns so wertvoll, dass wir unsere Arbeitsleistung nicht für eine von 4, 5, 6 Anbietern und im besten Fall für eine zwanzigprozentige Chance einsetzen möchten. Wir sind kein Produzent von Waren, die man unter bestimmten Kriterien bewerten und sich dann für das schönste Brot oder den perfekten Maßanzug entscheiden kann. Es ist auch keine Trockenbauwand, für die man sich Angebote einholen kann und dann den Preiswertesten beauftragt. Unsere Arbeits- und Herangehensweise und Leistungen umfassen viel mehr. Zum Beispiel, Wertschöpfungsketten neu zu denken, globaler und vernetzter zu denken, die Strategie von der Umsetzung zu trennen, und die Strategiephase mit großer Offenheit zu moderieren, bis die Ideen und der Sinn des Ganzen, als Grundlage für die Positionierung, aus EUREN Unternehmen kommen. Gern unterstützt und inspiriert mit einem Blick von außen. Wir wissen mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass man diesen zentralen Punkt nicht auslagern kann, wenn er einem zukünftig nicht immer wieder auf die Füße fallen soll.
  • Lösung 9 – Verbindungen möglich machen und vertrauen

    Agenturleistungen sind sehr aufwendige und komplexe Dienstleistungen, die in mehreren Phasen verlaufen. Ideen, Ansätze und eine Vorgehensweise können wir nur anbieten, wenn wir alle beteiligten Player kennen gelernt haben und auch die gemeinsame Dynamik verstehen. Und wenn wir ein Gefühl bekommen und einen eigenen Seismografen entwickeln können. Jedes Team ist so unterschiedlich und braucht sehr individuell etwas anderes von uns. Die Blaupause aus dem Lehrbuch erleben wir als weniger effizient. Die wichtigste Voraussetzung ist Vertrauen und die Chance, eine tragfähige Verbindung aufbauen zu können. Dann wird es nicht nur gut, dann wird es besser.
  • Lösung 10 – das Budget kennen

    Für heutige Projekt ergibt sich aus den zahlreichen vorangegangenen Punkten, dass es viel sinnvoller ist, das vorhandene Budget zu kennen. Um dann gemeinsam zu überlegen, was dafür mit welcher Priorität und in welchem Zeitraum realisiert werden kann. Außerdem ist wichtig, bei agiler Arbeitsweise ausreichend Puffer einzubauen für Unvorhergesehenes und nicht das Budget von Anfang an durchplanen. Weniger ist mehr oder auch Mut zur Lücke, wenn das, was umgesetzt wird, wirklich innovativ ist.
  • Lösung 11 – Druck rausnehmen, bei der Suche – und trotzdem Parameter festlegen

    Ich wage bei all dem Nachdenken noch eine Frage zu stellen, die langsam in mir reifte: Kann man überhaupt einen passenden Partner finden? Wenn wir uns entscheiden, entscheiden wir uns meist für eine Option. Wir werden nie erfahren, ob die gewählte oder die nicht gewählte, die bessere Option wäre. Weil aber in der Realität irgendwann Entscheidungen getroffen werden müssen, sollten sich Unternehmen immer wieder die Frage stellen: „Was wird wie und auf welcher Grundlage entschieden? Die Frage ist eine meiner systemischen Lieblingsfragen. Zum einen, weil sie mir wie ein reines weißes Blatt Papier erscheint, das neu beschrieben werden will und jegliche, das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht-Denkweisen auf den Prüfstand stellen kann. Zum anderen, weil die ich-habe-einen-guten-Kumpel-aus-dem-Karnevals/Golf/Tennisclub-Seilschaften durchbrochen werden können zugunsten einer breiteren, offeneren Sicht auf mögliche Partner*innen – und den Blick auf der Suche nach der/dem für die Organisation besten Partner*in schärft. Was für die Stimmung in den meisten Unternehmen zuträglich sein kann, ist Gelassenheit und die Überlegung, wie können wir Druck aus der Suche nehmen? Welche Möglichkeiten der Agentursuche haben wir im Rahmen unserer Compliance, die wir noch nicht sehen? Vielleicht wird eine Agentur auch erst in der Zusammenarbeit und durch das Vertrauen in sie und durch das geteilte Wissen zu einer besseren Agentur? Und zur/m bestmöglichen Partner*in? Wie eben in einer guten Partnerschaft.
  • Von der Sehnsucht nach einem „fertig“

    Von der Sehnsucht nach einem „fertig“
    Immer wieder bemerke ich bei mir den Wunsch nach einer Zäsur. Die Sehnsucht, ein Projekt abzuhaken. Themen sind aber keine Projekte, sondern eher endlose Fäden oder Spuren, die uns lange begleiten, manchmal breiter oder schmaler werden oder sich für einige Zeit verlieren. Der riesige Themenkomplex, wie wir arbeiten wollen, hängt für mich wie ein riesiger Eisberg im Wasser. Nur die Spitze schaut aus dem Wasser – die Pitches und Ausschreibungen, Rahmenverträge und starren Traditionen. Der Rest ist zu erahnen oder man muss tauchen – tief tauchen – und braucht einen langen Atem. Ich stelle die Wichtigste aller Fragen gern nochmal. Und diesmal, um den Diskurs mit Euch zu eröffnen: 

    Wenn wir über New Work nicht nur nachdenken, sondern versuchen, unsere Arbeit, unser Denken, unsere Kultur langsam zu transformieren und den ständig neuen Anforderungen anzupassen, funktionieren dann Pitches und Ausschreibungen noch?

    Ich freu mich ehrlich auf Austausch mit euch – auf eure Erfahrungen und Sichtweisen genauso wie auf euren Frust, eure Zwänge und Rückschläge – aber auch auf die Experimente, Erfolge, Entwicklungen, Lösungen und vielleicht auch die Dankbarkeit, alles so lassen zu können um eine Struktur zu haben, die im Alltag hilft vor „LOST-losigkeit“ und Überforderungen.

    Bleibt gelassen und hoffnungsvoll.

    Eure Jana